Die Sehnsucht normal zu sein – Das „Anders“ sein

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Ich hab eine Weile darüber nachgedacht ob ich diesen recht persönlichen Beitrag veröffentlichen soll. Nun wurde mir in Gesprächen bewusst, dass dieses Bedürfnis und dieses Muster das ich erlebe auch andere Betrifft die „Anders“ sind und so hoffe ich das es eine Hilfe ist, ein leichteres Miteinander zu finden. Es gibt zunehmend sensitive Menschen, die „Anders“ sind, die einfach nicht in dieses System passen. Wir werden immer mehr, stetig wachen mehr Seelen auf.

Ich wurde in meiner Jugend sehr krank und forschte seit dem danach wie ich gesund sein kann. Ich erkannte, das ich gesund wäre, wenn ich ich selbst sein würde und mit mir in Harmonie, also beschloss ich, alles zu tun um mit selbst treu zu sein und mich in meinem SEIN zu leben, möglichst kompromisslos.

Nun dauert diese Suche schon über 10 Jahre, in dieser Zeit habe ich viel gelernt, viel gelesen und studiert. Aus mir wurde ein ungewöhnlicher Mensch oder eher, ich habe gelernt, das bei mir einige Dinge anders laufen und das ich Dinge verstehe die anderen schwer fallen.
Nun stehe ich zunehmen vor der Frage, wie ich mich am besten in dieser Welt präsentiere und positioniere. Ich möchte mich verbinden, ich möchte all das was ich oft allein erlernt habe, in die Welt tragen. Ich will nicht besonders sein, das ist anstrengend und es ist immer so viel zu erklären. Ich möchte ich selbst sein dürfen und zugleich ist da eine Sehnsucht nach Normalität und manche Dinge sind an mir völlig normal und dort habe ich Bedürfnisse wie jeder andere. Und andererseits kann ich Dinge und habe Sichtweisen die sehr fremd wirken können oder auch beängstigend sind.

Jeder Mensch fühlt sich völlig normal, ich auch, aber dann mache ich Erfahrungen, das man mir mit Unsicherheit begegnet und das möchte ich überhaupt nicht. Dann spüre ich wieder das ich nicht normal bin, das da etwas ist das mich von anderen trennt und natürlich macht es mir auch Spaß, so zu sein, denn das ist mein SEIN, das bin ich.
Wie verwirkliche ich mein SEIN auf eine Art, die möglichst wenig Widerstände in anderen auslöst ohne mich dabei selbst zu verleugnen?

Ich habe gelernt, das meine Intelligenz als Hochbegabung beschrieben wird. Für mich ist das jedoch eher ein Problem als das ich mich damit profilieren wollte. Hochbegabt zu sein bedeutet, komplexe Dinge gut zu verstehen aber auch an ganz einfachen Dingen leicht zu scheitern.
Ich habe Probleme damit, in einem Nachschlagewerk im Alphabet etwas zu finden. Ich kann das Alphabet natürlich, jedoch nicht Rückwärts und nicht ab jedem Buchstaben. Ich muss mir bis heute die Himmelsrichtungen vorsagen (Nie ohne Seife waschen) und bewusst darüber Nachdenken. Ich kann mir Namen und Gesichter schlecht merken, was mich im Alltag wirklich stört und keine einfache Aufgabe ist. Wenn ich verreise vergesse ich fast immer irgendetwas und muss sehr bewusst darüber nachdenken, auch wenn ich nur das Haus verlasse, um nichts wesentliches zu vergessen.

Andererseits lerne ich seit vielen Jahren fast jeden Tag stundenlang und kann über viele Themen ausführlich davon berichten. Mir sind Zusammenhänge klar, die anderen nicht bewusst sind und durch ein Denken in Mustern und Vernetzungen verknüpfe ich jede neue Information sehr schnell und umfassend. Ich glaube, viele der Weisheiten aus der Esoterik oder von spirituellen Lehrern tatsächlich verstanden zu haben, von einigen las ich erst hinterher und fühlte mich in meinen Erkenntnissen bestätigt.

Ich bin Empath beziehungsweise Sensitiv und kann energetisch Arbeiten, nehme Energien und Gefühle um mich wahr, empfinde eine Art kollektives Feld von dem ich nicht weiß, wie weit es reicht. Ich erlerne magische Praktiken im Sinne einer Bewusstseinsentwicklung. Das gibt mir Möglichkeiten die andere nicht haben, schränkt mich aber auch enorm ein, weil ich schnell überfordert bin, von so viel Eindrücken.
Ich rede von Dingen, die ich wahrnehme, bei welchen ich dann oft von anderen höre, es gäbe sie für sie nicht. Doch zu oft habe ich das überprüft und über die Zeit wurde ich bestätigt, direkt oder über das Verhalten des Menschen, was meine Wahrnehmung bestätigt hat.
Und alle Menschen reagieren darauf, wenn jemand energetisch Arbeitet, nur tun sie es nicht bewusst.

Doch wie kann ich ich SEIN und zugleich keine Angst bei anderen erzeugen?
Mein Energiefeld und meine Art scheinen bereits das Gefühl zu vermitteln, „ja ich kann dich sehen“ und das macht manchen Angst, denn wir alle wollen uns verbergen in der Sorge, wir könnten in unserer Eigenart abgelehnt werden. Doch ich sehe eben hinter die Masken und mich interessiert auch nur der tatsächliche Mensch wie er ist und nicht wie er gerne wäre oder sich aus Angst den Anstrich gibt.

Mein Energiefeld scheint andere Menschen anzuregen. Einerseits inspiriere ich dadurch, andererseits regt es dazu an, das eigene SEIN zu erkennen.
In diesem Prozess wird auf mich enorm projiziert, was eine Besonderheit bei Empathen ist und das mögen manche, diejenigen die selbst auf dem Weg der Aufdeckung sind und andere  stößt es regelrecht ab und damit lehnen sie mich ab, ohne zu erkennen das es Projektion ist und nicht ich als Mensch so „schlimm“ bin. Ich habe gelernt das zu unterscheiden und mich nicht gemeint zu fühlen, und doch bleibt es eine Herausforderung, denn ich fühle die Emotionen die mir entgegen gebracht werden.

Ich habe einige Gaben, versuche mit den Schwierigkeiten umzugehen und habe das tiefe Bedürfnis mit diesen Fähigkeiten alle um mich herum zu bereichern. Ich möchte niemandem Schaden, ich möchte mich nicht profilieren, ich möchte einfach ich selbst sein und wünsche mir, das meine Gaben die ich in Liebe verschenke, angenommen und genutzt werden.
Dafür sind wir auf der Welt. Jeder mit seiner Art und Gabe, um uns gegenseitig zu bereichern.

Es gibt nunmal Unterschiede in der seelischen Reise der Selbsterfahrung, aber nichts ist besser oder schlechter, es ist nur anders und jede Art zu sein, hat seine Berechtigung. Ich habe gelernt, das ich eine alten Seelengeneration angehöre, ich habe schon viel Erfahrungen gesammelt, viele Leben gelebt und gelitten und ich bin dabei in meiner Seelenreise aufzuräumen. Meinen Schmerz zu betrachten, zu erlösen, mir und allen anderen Seelen zu verzeihen, ihnen für ihr Mitwirken in meiner Erfahrungswelt dankbar zu sein und finde einen immer liebevolleren Blick auf die Welt und meine Gefährten.

Und dann bin ich auch Mensch, suche danach, ganz normal zu sein, versuche einigermaßen normal zu wirken. Möchte akzeptiert und geliebt werden, liebe bewusste, achtsame Berührung, Ästhetik, Austausch, gemeinsames Werken und Intimität in allen Formen. Durch das Spannungsfeld dieses Wunsches, möglichst widerstandslos in Begegnungen zu sein, angenommen zu werden wie ich bin und meine Ungewöhnlichkeit zu leben, ergeben sich Widersprüche. Oder schlicht ein undefiniertes Gefühl das ich von anderen Wahrnehme und Vernehme, mich nicht einordnen zu können. Ein Spannungsfeld von Anziehung und Furcht, was den eigenen Wunsch nach Entwicklung und Angst vor dem was da aufgedeckt werden könnte, widerspiegelt.
Ich stehe für den Wandel, ich liebe den Wandel und ich will meine persönliche und die kollektive Aufdeckung und Heilung. Aber auch ich habe manchmal Angst.

Ich irritiere Regelmäßig meine Mitmenschen durch mein Handeln und Denken. Immer wieder überrascht es andere, wie ich bin, weil sie Bilder von etwas haben, das ich dann anders mache oder weil sie eine Facette meines Seins völlig übersehen haben und mir nicht zugetraut haben, das ich auch „so“ sein kann. Alle Hochsensiblen scheinen so zu sein.
In letzter Zeit war das öfter der Punkt, als hochspirituell Wahrgenommen zu werden und dann Trinke ich aber Bier, Rauche und zocke online Taktik-Shooter, manchmal esse ich Fleisch und Schrott (Tiefkühlkost). Und das passt nicht zu dem Bild eines spirituellen Menschen, scheinbar, denn es kommt nur darauf an diese Dinge bewusst zu tun und zu erspüren was gerade gebraucht wird. Ich setze mich nicht jeden Tag hin und Meditiere, denn es ist nur eine Meditationsform. Ich strebe danach in meinem Alltag bewusster zu sein und immer mehr Dinge in einem Gewahrsein zu tun, das ist dann Meditation. Aber es gibt auch Zeiten in welchen ich es genieße, unbewusst zu sein aber auch das möchte ich dann möglichst bewusst wählen, was nicht immer klappt.

Viele Menschen scheinen zu glauben, das es besonders toll wäre, besonders zu sein, anders zu sein. Sie glauben auch, das es besonders toll sei, Führungsaufgaben zu übernehmen. Ist es nicht, beides ist vorwiegend Anstrengend.
Das ist das Ego, das danach trachtet „besonders“ zu sein, anerkannt, angebetet. Menschen die noch nicht verstanden haben, das sie SIND und nicht etwas werden müssen. Jeder von uns ist besonders, wenn er sich selbst lebt, seine Eigenart, und nichts ist befriedigender als das Echte in sich zum Ausdruck zu bringen.

Ich möchte respektiert werden, selbstverständlich, für das was ich bin. Aber ich möchte nicht besonders sein (um wahlweise auf ein Podest gehoben oder nieder gemacht zu werden), ich bin aber im Vergleich zur normalen Gesellschaft einfach so. Ich bin beglückt mich unter Menschen zu bewegen, in welchen ich mich ganz normal einfügen darf. Nicht besonders sein, nicht alles erklären müssen, nicht ständig auf Widerstände stoßen, mir keine Gedanken darum machen zu müssen etwas zurückzuhalten, weil es seltsam wirkt was ich sage oder tue – aber anerkannt in meinem SEIN.

Außergewöhnlich zu sein, hat so einen seltsamen Anklang in der Gesellschaft. Allein soetwas von sich zu sagen, dabei bedeutet es doch nur, etwas zu tun und zu sein das nicht der Gewohnheit entspricht. Das Gewohnte ist einfach nur das was wir immer tun. Wenn wir etwas tun das wir nicht immer tun und taten, ist das schon Außergewöhnlich.

Ich habe Gaben aber auch mir fiel nicht einfach alles in den Schoß. Eine Gabe zu haben ist das eine, das andere ist das was daraus entsteht. Erstmal viele Probleme. Und dann kann ich etwas aus meinen Fähigkeiten machen und das ist harte Arbeit. Ich lerne fast jeden Tag, oft Stundenlang. Ich probiere aus und ich forsche.
Ich forsche bis heute, wie ich am besten mit all dem Umgehen kann, denn es kommt nicht mit Betriebsanleitung und ich habe kaum Orientierungspunkte von Außen. Wenn man sich wenig von anderen Unterscheidet ist es einfach, alles zu tun, leicht für sich angepasst, wie alle anderen. Man hat massig Vorbilder. Ich habe sie nicht, ich muss es selbst herausfinden und tue das noch. Ich bin dankbar für Rückmeldungen wie man mich wahrnimmt um das für mich zu reflektieren und anzupassen, so das ich für mein Umfeld zunehmend angenehmer werde und weniger irritiere.
Ich mag es, in der Lage zu sein ein Energiefeld zu erzeugen das einschüchtert, aber diese Gelegenheiten sind sehr selten und kommen nur dann auf, wenn meine Liebe für meine Umwelt nicht groß genug war, so dass es notwendig wird in einen Kampfmodus umzuschalten und mich ohne zu verletzen Abzugrenzen.

Ich halte in meinem Leben sehr hoch, möglichst Achtsam miteinander umzugehen. Höflichkeit mag ich, solange sie nicht zur Lüge wird. Höflichkeit funktioniert in der Gesellschaft einfach sehr gut und es ist unklug es nicht zu sein.
Auch mir gelingt das nicht immer, aber ich strebe danach und wenn es anders war, ist da oft ein altes Muster hochgekommen mit dem ich mich dann beschäftige um es aufzulösen. Und manchmal Überfahre ich andere mit meiner Begeisterung, weil ich eben so bin. Ich habe eben auch noch zu lernen.

Es ist so eine unschuldige Position lediglich als Schüler aufzutreten, aber so langsam wird das schwierig. So gern ich auch weiter dazulerne und der Ansicht bin, das ich noch so vieles zu lernen habe, so habe ich doch eben auch schon vieles in mir klar und verstehe es besser als manche Lehrer.

Seht mich, seht euch selbst und seht alle besonderen Menschen um euch herum, wie sie sind. Wir haben stärken, schwächen und zu lernen.

Was ich mir wünsche, ist Achtsamkeit und einen liebevollen Blick.

 

2 Gedanken zu „Die Sehnsucht normal zu sein – Das „Anders“ sein

  1. Ronja

    Ich finde es gut, dass Du das hier geteilt hast. Es gibt sicher viele, denen es so geht. Abgesehen von der Hochbegabung kenne auch ich all diese Gedanken und Situationen von mir selbst.

    „Ich möchte respektiert werden, selbstverständlich, für das was ich bin. Aber ich möchte nicht besonders sein (um wahlweise auf ein Podest gehoben oder nieder gemacht zu werden), ich bin aber im Vergleich zur normalen Gesellschaft einfach so.“ <— Vor allem das hier ist etwas, das mich auch sehr beschäftigt, ja geradezu frustriert….schön zu lesen, dass andere auch so empfinden.

    Und im Grunde hab ich garnicht wirklich was dazu zu sagen, außer: Schön, dass Du es geteilt hast!

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