Geheimdienst intern: So kassieren die deutschen V-Leute ab

„Spitzel“-Steuersatz nur 10 Prozent ++ Behörden zahlen auch Autos, Laptops, Handys

Von: Von HANNO KAUTZ und FRANZ SOLMS-LAUBACH

Riesen-Wirbel um die Kosten für die geheimen Spitzel des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) und anderer deutscher Sicherheitsbehörden!

Nach dem BILD-Bericht über die Kosten für V-Leute (rund 20 Millionen Euro pro Jahr) stellen Politiker die Frage: „Sind sie ihr Geld wert?“

Der Einsatz von V-Leuten ist umstritten: Kritiker werfen dem Staat vor: „V-Leute sind bezahlte Täter!“ Die Behörden hingegen sagen: „Ohne V-Leute geht es nicht!“

Wer oder was sind V-Leute?

V-Leute oder „Vertrauenspersonen“ sind Szenemitglieder, zum Beispiel Rechtsextreme, die für den Verfassungsschutz verdeckt als freie Mitarbeiter spionieren.

Sie sollen Informationen über Entwicklungen in der Szene geben, von denen die Sicherheitsbehörden sonst nicht erfahren würden. Der Geheimdienst selbst nutzt den Begriff „nachrichtendienstliche Verbindung“ für seine Spitzel. Für ihre Dienste werden V-Leute mit Prämien und Auslagenerstattung bezahlt...

Fakt ist: V-Leute bekommen ihr Geld bar auf die Hand, die Steuern dafür zahlt der Staat! Der „Spitzel“-Steuersatz beträgt dabei nur 10 Prozent der Prämiensumme pro Kalenderjahr.

Die Abgaben werden dabei von den Sicherheitsbehörden direkt an die einzelnen Finanzkassen der Länder abgeführt.

Doch wie groß die Narrenfreiheit der V-Leute wirklich ist, zeigt die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken (liegt BILD vor): V-Leute müssen niemandem über ihre Prämie von den Sicherheitsbehörden Rechenschaft ablegen, nicht einmal, wenn sie Hartz IV beantragen! „V-Leute werden verpflichtet, Verschwiegenheit zu wahren“, schreibt die Regierung.

Der einzige Beweis für die Zahlung ist eine schriftliche Quittung. In der Antwort der Bundesregierung heißt es dazu: „Barzahlungen an V-Leute und nachrichtendienstliche Verbindungen sind grundsätzlich durch den Empfänger zu quittieren. Der Zahlungsbeleg ist zu den Akten zu nehmen.“

Geheime Haushaltsunterlagen des Bundes, die BILD exklusiv vorliegen, belegen den Umfang der kompletten Kosten für die V-Leute des Verfassungsschutzes:

• Insgesamt gibt der Bund dieses Jahr 19,534 Mio. Euro für V-Leute aus.

• Allein an Prämien (Gehalt) zahlt er den V-Leuten davon 2,4 Mio. Euro.

• Geschäftsbedarf und konspirative Büros schlagen mit 1,8 Mio. Euro zu Buche.

• Die gesamte Technik für die Bespitzelung ist mit 5,4 Mio. Euro am teuersten.

• Reisekosten werden mit 4,3 Mio. Euro veranschlagt.

Doch das ist nicht alles: In Einzelfällen werden nach BILD-Informationen sogar die Kosten für Autos, Laptops und Handys übernommen.

Politiker sind entsetzt! CSU-Innenexperte Stephan Mayer (39) zu BILD: „Ohne V-Leute kommt man nicht aus. Aber das Geschäft mit Spitzeln ist immer unappetitlich. Doch es darf nicht sein, dass der Steuerzahler die Extremisten finanziert.“

Deshalb müsse bei der Reform des Verfassungsschutzes auch das System der V-Leute-Führung auf den Prüfstand. Mayer zu BILD: „Bund und Länder brauchen dringend einheitliche Standards bei der Anwerbung, Führung und Bezahlung ihrer Quellen.“

Petra Pau (49, Linke), Vizepräsidentin des Bundestages, erklärte: „V-Leute sind keine netten Informanten von nebenan. Sie sind vom Staat gekaufte Spitzel und bezahlte Täter, aktive Nazis.“

Die Politikerin zweifelt zudem am Wert der Quellen: „Wir zahlen viel Geld für wenig Nutzen.“

Rechtsextremer V-Mann „Corelli“

Wenn V-Leute auffliegen, müssen sie in teure Zeugenschutzprogramme aufgenommen werden. So geschehen im Fall „Corelli“.

Der Neonazi aus Sachsen-Anhalt soll laut Informationen der „BILD am SONNTAG“ (BamS) jahrelang für den Verfassungsschutz in der rechtsextremen Szene gespitzelt haben. Dafür soll er insgesamt 180 000 Euro bekommen haben.

Laut „BamS” wurde „Corelli” erst im November 2012 vom Geheimdienst abgeschaltet und in einem Zeugenschutzprogramm untergebracht. Seither lebe er mit neuer Identität in England.

„Corelli” spionierte 18 Jahre lang für den Verfassungsschutz in der rechtsextremistischen Musik-Szene, berichtete aber auch über den deutschen Ableger des Ku-Klux-Klan.

Er sei auch zum einem Treffen des rassistischen Geheimbunds in die USA eingeladen worden. Die Reisekosten habe der Verfassungsschutz gezahlt.

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