Vaterlose Gesellschaft und die Unsicherheit der Männer

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Der ein oder andere hat das vielleicht schonmal gehört, wir seien eine vaterlose Gesellschaft. Was bedeutet das für unser Selbstverständnis als Mann und wie wirkt es sich aus?

In dem Beitrag Männer und Weiber in ihrer Eigenart ist skizziert, worum es im Kern geht. Für unser Wohlbefinden und die Sinnfindung müssen wir wieder zu unserer Geschlechtsidentität zurück finden, weil diese die erste Basis des Menschseins ausmacht. Wenn ich nicht weiß, wer ich in meinem Geschlecht bin und was es ausmacht, dann fällt jede weitere Selbstfindung schwer und ihr fehlt der rote Faden.

Das Geschlecht ist nicht eine Seite am Menschen, es erfaßt den ganzen Menschen
Oliver Ritter[1]Magische Männlichkeit – Mann sein aus initiatischer Sicht von Oliver Ritter

Dem jungen Mann fehlen männliche Vorbilder. Es fehlt der Vater in der Kindheit, weil er entweder geistig und emotional abwesend war, oder gänzlich fehlte. Am schlimmsten trifft es jene, die nur mit ihrer Mutter aufwuchsen, keinen Vater erlebt haben und bei welchen gar die Eltern in Streit waren und die Frau den Mann abgewertet hat. Das Kind kann nicht anders als Partei für die Mutter zu ergreifen. Wohl jenem jungen Manne, der später durch eigenes Bemühen wieder ein gleichgewichtiges Bild der Eltern erlangt, weil er sich mit dem Vater in tiefer Weise auseinandersetzt.
Doch nicht nur dort fehlt der Mann. Durch die generelle Abwertung des Männlichen, findet sich kaum ein Ersatzbild eines gestandenen Mannes, der woanders ein Gefühl dafür vermitteln könnte. Das Erziehungswesen ist dominiert von Frauen.
Zugleich ist da aber die Sehnsucht, das diffuse Unerfülltsein. Es verbleiben suchende Jungen ohne Ziel, mit Leichtsinn und ohne die Weisheit und Weitsicht der Älteren. Ohne Achtung vor den älteren Männern – und zu recht, sind jene doch ebenfalls schon in der Abwehr und flucht des Männlichen und verkörpern keine spürbare Kraft, keinen Stolz und keine Autorität mehr. Respektlosigkeit ist der verdienst des eigenen Handelns. Respekt kann nicht eingefordert werden, er muss durch eigenes Sein erlangt werden und wird in der Folge ganz natürlich erbracht.

Ursachen der Kindheit

Als Folge dieser Entwicklung des fehlenden Vaters, wachsen Jungen heran, die nur in seltenen Fällen wirklich erwachsen werden. In der Schule werden die Proleten noch als am männlichsten erlebt und der gewöhnliche Mann, der nicht mehr scheinen als sein will, findet zu einer Ablehnung. Das will er nicht sein, aber etwas anderes kennt er nicht, also lehnt er das Männliche grundsätzlich ab. Unbewusst passieren dann doch irgendwie Hierarchiekämpfe, man möchte sich behaupten, denn dieses Thema liegt uns Männern einfach im Blut. Es beginnen Scheingefechte darum, es wird gespielt und Masken aufgesetzt, ein Drehen um sich selbst. Das Echte bleibt auf der Strecke.

Geld und materielle Güter übernehmen stellvertretend die Rolle der inneren Entwicklung und echten Anerkennung. Symbolisch betrachtet ist das schnelle Auto die Suche nach Leistungsfähigkeit und Beweglichkeit. Das Geld ist ein Symbol für Potenz und Handlungsfähigkeit. Das neuste Handy und Markenklamotten helfen aufzufallen und Anerkennung zu finden. Immer das neueste zu haben, sichert Aufmerksamkeit, mit der die eigene Leere und Sehnsucht betäubt werden kann. Wir kaufen technisches Spielzeug um uns abzulenken und zu gefallen und wir arbeiten bis zum Umfallen, um den Problemen aus dem Weg zu gehen und für das viele Geld, Anerkennung zu finden. Wir sehen Filme um stellvertretend in der Phantasie auszuleben, was uns im Leben fehlt. All das soll unser Selbstbewusstsein stabilisieren. All das ist nicht wirklich Echt.

Wir alle sind verletzte Kinder die sich zu tiefst selbst verurteilen. Wir empfinden in uns eine Sehnsucht nach Liebe, nach Geborgenheit, nach Angenommen- und Bestätigt-Werden; nach der Botschaft: „Du bist in Ordnung. Du bist gut. Du bist wunderbar. Du bist liebenswert. Ich liebe dich so, wie du bist!“
Wenn ein Kind auf die Welt kommt und erfährt durch seine Umwelt täglich Zuwendung mit der Auflage von Bedingungen, die es zu erfüllen hat, d.h. Liebe, die an Wünsche, Erwartungen und Forderungen geknüpft und immer wieder vorenthalten, also nicht gegeben wird, solange diese Erwartung, diese Forderung der Eltern noch nicht erfüllt ist, dann muss es hieraus Rückschlüsse ziehen übersich selbst und seinen Wert. Ein Kind, das nicht um seiner selbst so geliebt wird mit allem, was es zeigt und ist, muss zu der Schlussfolgerung gelangen:
Mit mir stimmt was nicht! Ich bin nicht in Ordnung, sonst würden die Erwachsenen mich anders behandeln! Ich bin nicht liebenswert! Ich bin schlecht und muss mich anstrengen,
muss besser zu werden. Ich bin schuld, dass es meinen Eltern schlecht geht bzw. daran, dass sie soviel Ärger und Arbeit haben. Ich bin eine Belastung. Ich bin zuviel. Es wäre besser, wenn ich nicht da wäre, wenn ich nicht geboren worden wäre.“ Die Folge, die sich aus diesem Selbsthass für das zwanzig oder dreißig Jahre später stattfindende Beziehungsglück ergibt, ist fatal.[2]Wahre Liebe lässt frei – Warum wir aus dem Lieben so viel Leiden machen von Robert T. Betz
Mit diesem Schmerz versuchen wir irgendwie einen Umgang zu finden. Deshalb wählen wir verschiedene Ersatzhandlungen aus, die uns stabilisieren und den Schmerz weniger spürbar werden lassen, der uns quält. Wir entfernen uns von uns selbst mit Alkohol, Medikamenten und Drogen um über den Schmerz hinweg wieder Freude empfinden zu können.

Begegnung und Männlichkeit

Männer begegnen sich nicht als Männer sondern als Jungen mit aufgesetzten Masken, der Abgeklärtheit, Härte und was sie sonst als Männlich wähnen, zur Durchsetzung taugt oder bei Frauen „funktioniert“. Andere geben sich möglichst harmlos und femininisiert. Daraus können keine echten Begegnungen und Freundschaften entstehen und manche Frauen sind von solchen scheingefechten sehr genervt.
Frauen haben interessanterweise oft nicht das Gefühl dafür verloren, wo welcher Mann steht und welche Hierarchie stimmig ist. Eine Freundin erzählte mir, wie sie in eine Gruppe blickt und sofort sieht, wer wo stehst. Und dann beginnen die Männer ihre Gefechte um über den Abend hinweg herauszufinden, wo sie untereinander stehen – und wer welche Frau abkriegt 😉

Der junge Mann, weiß nicht wer er ist. Weiß nicht was Mann sein bedeutet. Lehnt sich selbst darin ab. Ist Kraftlos und fügsam den Gestalten gegenüber, die ihm als Übergeordnet vorgesetzt werden. Folgt dem Willen der Frau, was diese unheimlich wütend machen kann, denn das Weib in ihr sucht den Mann! und findet ihn nicht. Selbst bei größter Provokation und Herausforderung, kann sie den Mann oft nicht herauslocken. Denn dieser Mann ist orientierungslos und versteht gar nicht, was sie möchte. Oder er ist schon zu sehr in sich zurückgezogen, wegen all der Verletzungen und des gesellschaftlichen Theaters, das er sich abwendet. Er fügt sich und wird zum Pantoffelhelden oder zeitgemäßer, zum Computerspielhelden. Traut sich nicht, die Freundin zu begehren, die ihrerseits genau das sucht. Ein Mann der sie begehrenswert findet und in ihrer Weiblichkeit preist – sofern sie diese selbst nicht bereits ebenfalls ablehnt.
Männer begegnen sich nicht als echte Männer. Darin liegt die Misere der fehlenden Freundschaften. Es bleibt oberflächlich weil sich nur Masken begegnen, Männlichkeitsbeweise erbracht werden und Hierarchiekämpfe gefochten werden – spätestens sobald eine Frau anwesend ist oder sich eine Gruppe gebildet hat.
Der Mann zeigt sich nicht seinem guten Freund in seiner Verletzlichkeit, in seinen Gefühlen, Sehnsüchten, Problemen mit den Frauen und erlaubt sich kaum eine körperliche Berührung. Er erlebt damit keine Korrektur, Reflektion oder Annahme, in seinem echten Wesen, in seiner Tiefe. Und die Räume der gemeinsamen körperlichen Arbeit sind klein geworden, in welcher man sich als Mann gemeinsam wohlfühlen kann.
Das führt dazu, das man dem Manne sogar seine Emotionalität und Tiefe abspricht. Sie ist eben nicht sichtbar und vergraben unter dem rationalen funktionieren als Notwendigkeit.

Was hilft?

Seit Generationen erleben wir eine Degeneration der Kultur der Geschlechter und der Beziehungen. Der Mann trägt die Sehnsucht in sich, fremde Welten zu erobern. Aber nun muss er sich erst wieder selbst erobern, um zum Bild zurückzukehren, das noch vom stolzen, kraftvollen Kelten überliefert ist. Der schöne Mann, mit großem Mut, Kampfgeist, kunstschaffend, feinsinnig und stark. Als Forscher, Handwerker und Familienvater der weiß, wo seine Stärken liegen und wo er sich selbst einzuordnen hat, in der natürlichen Ordnung der Hierarchie der Männer. Der Mann, der sich durch Treue, seine Verlässlichkeit, Unerschrockenheit und Herzensgüte auszeichnet und sich an seinen Taten beweist, um sich seine Stellung vor den Seinen und den anderen Männern zu erkämpfen. Der Mann der ehrlichen Herzens den Mut hat, in sich selbst hineinzublicken, von den älteren Männern Rat annimmt, ebenso wie von seiner Frau oder besten Freundin, um über sich hinaus zu wachsen.

Dazu ist es elementar seinen Frieden mit dem eigene Vater zu machen, mit den Ahnen und den anderen Männern unserer Geschichte. Wer das Patriarchat als ganzes Ablehnt, lehnt seine Männlichkeit per se ab. Wer nicht weiß, was die Männer und Väter unserer Geschichte taten und sie nicht verstehen lernt, lehnt seine Herkunft ab und schneidet sich vom Strom der Kraft ab, die aus diesem Verständnis erwächst.

Es braucht die Unerschrockenheit in den eigenen Spiegel zu blicken, um sich verzeihen und lieben zu lernen. Es braucht die ehrliche Auseinandersetzung mit dem Vater, um seinen Kampf und Errungenschaften sehen zu lernen. Es braucht den Mut sich dem Freund wirklich zu zeigen und zu öffnen und über das zu sprechen, was im innersten Bewegt und Angst macht.
Ein erwachsener Mann zeichnet sich nicht durch fehlende Ängste aus, sondern durch den Umgang mit dieser Angst. Ihn charakterisiert Stärke, die er wohl Dosiert und angemessen einzusetzen weiß. Er ist nicht laut, sondern eindringlich. Er ist beängstigend, wenn er in seinen Zorn geht, um Grenzen zu setzen. Er weiß sich zurückzunehmen und aufmerksam zuzuhören, wenn es gebraucht wird. Der echte Mann trachtet stets danach, sich selbst zu übertreffen, Zusammenhänge zu erkennen und aus seinem Beruf eine Kunst zu machen. Er überlässt dem Leben nicht ihn passiv zu prägen, sondern greift aktiv ein, um aus dem was da ist, zu gestalten. Er Wagt sich mit seinem ganzen Wesen in die Welt, um zu erringen, wozu seine tiefste Sehnsucht ihn treibt. Und er akzeptiert seine Schwächen und Fehler um zu einer anderen Zeit wieder über sich hinauszuwachsen. Mann zu sein, bedeutet zu streben und nicht stehen zu bleiben aber fest zu stehen, für die Überzeugungen, die das Gewissen vorgibt.

Mein Bekenntnis als Mann

In mir ist diese Form der Beschreibung gereift. Ein Bekenntnis, zu dem ich als Mann strebe und das ich als roten Faden benutze um nicht von meinem Weg abzukommen. Wenn du dir etwas davon zu eigen machst, ist mir das eine Ehre. Lasst uns gemeinsam wieder Kraftvoll der Welt entgegen treten und unser Werk bekennen.

Selbstverantwortlich & Frei füge ich mich der größeren Ordnung über mir & folge bedingungslos dem Gesetz in mir.
Meine Fähigkeiten bringe ich zur Entfaltung um die Götter zu ehren, deren fraktal ich bin.
Mit meinen Gaben wirke ich in der Welt, verwirkliche mein SEIN & erfülle mein Schicksal.
Im Spiel der Kräfte suche ich Ausgewogenheit, nehme das Leben weder zu leicht, noch vergesse ich die Illusion allen Seins. Die Widrigkeiten und Wogen des Lebens sind Gelegenheiten mir treu zu sein & zu wachsen, sie zeigen mir den Weg mich selbst zu erkennen.
Mein Zuhause erkenne ich in der Gegenwart, ich strebe mit Körper, Geist und Seele im Hier & Jetzt zu verweilen, im Bewusstsein meiner seelischen und familiären Heimat.
Ich erkenne die Gesetze des Lebens, die Welt als Spiegel meines Inneren und meine Aufgabe als Mann, nach höherem zu Streben, mich selbst zu bewahren & mit meiner beständigen Kraft, anderen Halt und Orientierung zu bieten.
In Liebe und Achtung vor unserer Eigenart, begegne ich mir und der Schöpfung.

 

Quellen und Hinweise

Quellen und Hinweise
1 Magische Männlichkeit – Mann sein aus initiatischer Sicht von Oliver Ritter
2 Wahre Liebe lässt frei – Warum wir aus dem Lieben so viel Leiden machen von Robert T. Betz