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Wir leben in einer Zeit der Sprachverwirrung wodurch Inhalte verloren gehen. Liebe heilt, Liebe ist die stärkste Kraft im Universum, Liebe beschützt aber was ist nun „Liebe“?
Rumi sagt: „Die Aufgabe ist nicht Liebe zu suchen, sondern lediglich alle Hindernisse innerhalb dir selbst zu suchen und finden, die du dagegen aufgebaut hast.“
Die meisten Menschen sehen das Problem der Liebe in erster Linie als das Problem, selbst geliebt zu werden, statt zu lieben und lieben zu können.
Erich Fromm – Die Kunst des LiebensFür die meisten Menschen besteht das Glück darin, geliebt zu werden. Sicher sind sie trotzdem bereit, auch selbst ein wenig zu lieben, aber sie glauben, das Wichtigste sei, geliebt zu werden. Der Beweis: Warum leiden sie so sehr, wenn sie entdecken, dass der – oder diejenige, den sie lieben, diese Liebe nicht erwidert oder jedenfalls nicht so sehr,wie sie es sich wünschten?
Um glücklich zu sein, erwarten sie, dass die Liebe von außen zu ihnen kommt. Wenn sie nicht kommt oder wenn sie ihnen entzogen wird, fühlen sie sich beraubt. Sie glauben nicht an ihre eigene Macht, an ihre eigene Kraft zu lieben, sie haben das Bedürfnis, dass die Liebe ihnen von jemandem außerhalb ihrer selbst gegeben wird. In Wirklichkeit sollten wir, um den Frieden und die Freude zu finden, nicht mehr darauf warten, dass die Liebe von den anderen zu uns kommt, sondern uns entschließen, nur auf unsere eigene Liebe zu zählen. Denn in uns befindet sich die Quelle der Liebe, und sie ist unerschöpflich.
O. M. Aivanhov
Ich sehe eine Doppelbedeutung bei dem Begriff der Liebe. Sie wird gleichgesetzt mit Verliebtheit und sie dient als Umschreibung für eine Beziehung in der sie eigentlich ein brauchen meint. Viele Beziehungen sind ein Handel, ein sich gegenseitig gut tun und ausgleichen, darin steckt Liebe aber vieles davon ist keine Liebe sondern etwas anderes.
Zur Abgrenzung sollen hier die Eifersucht benannt sein, sie hat im Kern Angst zur Ursache, Besitzen wollen, Unsicherheit, Verlustangst, verdrängte Erotik und mehr. Sie hat nichts mit Liebe zu tun, wird aber von manchen als Liebesbeweis betrachtet.
Ein weiteres Beispiel sind Absprachen die einen Charakter eines Handels haben. Du hütest die Kinder, ich gehe Arbeiten. Du gibst mir finanzielle Sicherheit, ich dir ein emotionales Zuhause. Wir sind uns sexuell Treu. Bricht einer solch einen Handel, trennt man sich. Am Tiefpunkt steht dann das Benutzen eines fremden Körpers zur Selbstbefriedigung.
Verliebtheit könnte eine Vermischung von Angst, Faszination und Liebe sein. So schreibt Kersti vom Kribbeln im Bauch bei Verliebtheit als Angst.[1]Das Kribbeln im Bauch, wenn man verliebt ist, ist Angst Kersti.de
In all diesen Dingen steckt natürlich auch Liebe, aber einiges wird schlicht falsch benannt oder vermischt. Die Liebe zu einem anderen Menschen muss immer ein Stück weit be-dingt sein, weil wir einen Körper haben und uns um materielle Dinge kümmern müssen. Aber was ist nun Liebe, reine Liebe, bedingungslose Liebe?
In der Liebe kommt es zum Paradoxon, daß zwei Wesen eins werden und trotzdem zwei bleiben.[2]Erich Fromm – Die Kunst des Liebens „Die Theorie der Liebe“
Liebe ist ein Prinzip der Offenheit, des Annehmens, sie verbindet, vertraut. Liebe lässt einen Menschen so sein wie er ist, will nichts verändern sondern nimmt an, was ist. Liebe ist etwas aktives, das nicht drängt aber durchdringt und umfließt, ein innerer Seinszustand, eine Bereitschaft zu geben ohne zu verlangen. Liebe ist Harmonie mit dem was ist. Liebe ist mit dem Herzen zu sehen. Liebe ist Hingabe fern jeden Zwanges, ein freies Geschenk. Liebe Achtet das Andere und sich selbst. Berührung und Sexualität sind Ausdrucksformen von Liebe, die Sehnsucht der Verschmelzung liegt in ihr. Liebe wertet nicht, sie Urteilt nicht, sie will einen anderen nicht verändern. Sie steht jenseits der Dualität.
Liebe ist eine Energiestruktur, die versucht, Unterschiedlichkeiten aufzuheben. Aber sie versucht es nicht dadurch, daß sie das Andere auslöscht und gleich macht, sondern die Liebe versucht das Andere als das zu lassen, was es ist und es in eine Einheit zu integrieren. [..] Liebe ist die schöpferische Kraft, die denjenigen, der liebt, und all das, was geliebt wird, dazu anregt, in jeder nur denkbaren, fühlbaren und ausdrückbaren Form sich selbst zu sein. Liebe ist das unbegrenzte Prinzip des vollkommenen Lassens und Akzeptierens. Liebe ist das liebevolle Annehmen all dessen, was ist, ohne zu urteilen und ohne zu werten.[3]Harald Wessbecher – Liebe, das einzig verbindende Prinzip
Wenn ich den anderen wirklich liebe, fühle ich mich eins mit ihm, aber so, wie er wirklich ist, und nicht, wie ich ihn ihn als Objekt zu meinem Gebrauch benötige. Es ist klar, daß ich nur Achtung vor einem anderen haben kann, wenn ich selbst zur Unabhängigkeit gelangt bin, wenn ich ohne Krücken stehen und laufen kann und es daher nicht nötig habe, einen anderen auszubeuten. […] Die Liebe ist das Kind der Freiheit, niemals das der Beherrschung.[4]Erich Fromm – Die Kunst des Liebens „Die Theorie der Liebe“
Die Liebe zu anderen und die Liebe zu uns selbst stellen keine Alternativen dar; ganz im Gegenteil wird man bei allen, die fähig sind, andere zu lieben, beobachten können, daß sie auch sich selbst lieben. Liebe ist grundsätzlich unteilbar; man kann die Liebe zu anderen Liebes-„Objekten“ nicht von der Liebe zum eigenen Selbst trennen. Echte Liebe ist Ausdruck inneren Produktivseins und impliziert Fürsorge, Achtung, Verantwortungsgefühl und „Erkenntnis“. Sie ist kein „Affekt“ in dem Sinn, daß ein anderer auf uns einwirkt, sondern sie ist ein tätiges Bestreben, das Wachstum und das Glück der geliebten Person zu fördern. Dieses Streben aber wurzelt in unserer eigenen Liebesfähigkeit.
Einen anderen Lieben bedeutet eine Aktualisierung und ein Konzentrieren der Liebesfähigkeit. Die grundsätzlich in der Liebe enthaltene Bejahung richtet sich auf die geliebte Person als Verkörperung von Eigenschaften, die zum Wesen des Menschen gehören. Einen Menschen lieben heißt, alle Menschen als solche lieben.[5]Erich Fromm – Die Kunst des Liebens „Selbstliebe“Liebe ist deshalb die höchste und heiligste Handlung, weil sie immer das in sich enthält, was nicht Liebe ist, sie ist immer und ewig in Bewegung, um das Nichtliebende einzuschließen.[6]Thaddeus Golas – Der Erleuchtung ist es egal wie du sie erlangst
Stell in dir die zwei Prinzipien von Liebe und Angst gegenüber und betrachte deine Welt. Wenn es dich öffnet und du weite in dir Fühlst, ist es Liebe. Wenn es eng macht, fordert oder verlangt hat es mit Angst zu tun. Diese einfache Frage ob es weit oder eng macht, lässt sich im Alltag anwenden um zur Liebe zu finden.
Es geht in der Liebe darum sie in die Welt zu tragen, es geht nicht darum geliebt zu werden. Niemand wird satt, wenn er die Liebe im außen sucht und nicht in sich entwickelt.
Bedingungslose Liebe, bedeutet, daß man sich bewußt bleibt, daß man einen Menschen liebt, wenn man gerade wütend, müde oder genervt ist.[7]Liebe und ihre Bedeutung – Bedingungslose Liebe als Therapie kersti.de
Weiterführendes:
- Die Kunst des Liebens von Erich Fromm
- Freiheit von der Eifersucht von Thomas Deutschbein
- 5 Lügen die Liebe betreffend von Michael Mary
- Wahre Liebe im Alltag – Das Erschaffen authentischer Beziehungen von Clinton Callahan
- Das Wesen der Liebe, der Liebesfähigkeit, der Beziehungen, der Zuwendung und des Sex
- Der Erleuchtung ist es egal wie du sie erlangst – Thaddeus Golas
- Kersti.de
Quellen und Hinweise
↑1 | Das Kribbeln im Bauch, wenn man verliebt ist, ist Angst Kersti.de |
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↑2, ↑4 | Erich Fromm – Die Kunst des Liebens „Die Theorie der Liebe“ |
↑3 | Harald Wessbecher – Liebe, das einzig verbindende Prinzip |
↑5 | Erich Fromm – Die Kunst des Liebens „Selbstliebe“ |
↑6 | Thaddeus Golas – Der Erleuchtung ist es egal wie du sie erlangst |
↑7 | Liebe und ihre Bedeutung – Bedingungslose Liebe als Therapie kersti.de |